SharePoint Site Struktur – Flach oder hierarchisch?
Vor dieser Fragestellung steht wohl jeder Administrator, wenn SharePoint im Unternehmen eingeführt werden soll. Aus einer Fülle von Anforderungen aus der Geschäftsleitung und den Abteilungen soll eine Sitestruktur entstehen, die möglichst skalierbar und ausbaufähig ist. Man möchte ja nicht nach ein bis zwei Jahren feststellen, dass die gewählte Struktur eine Sackgasse ist. Eine nachträgliche Umstrukturierung ist wirtschaftlich quasi nicht sinnvoll möglich. In diesem Beitrag beleuchten wir die die beiden Ansätze
- Flache Struktur mit vielen Websitesammlungen oder
- Tiefe Struktur mit wenigen Websitesammlungen und vielen hierarchisch verschachtelten Unterwebsites
Grundsätzlich können wir feststellen, dass viele Einstellungen in SharePoint nur auf der Ebene der Websitesammlung vorgenommen werden können. Würde man nur mit einer einzigen unternehmensweiten Websitesammlung arbeiten, dann nimmt man sich von vornherein die Flexibilität, bestimmte Einstellungen je nach Anforderung individuell vorzunehmen. Dies sind z.B. Sucheinstellungen, Websitesammlungsfeatures, Überwachungseinstellungen (Protokollierung und Nutzungsstatistiken), Inhaltstyp-Synchronisierung (Content Type Hub), Einstellungen zur Verwendung des SharePoint Designers u.v.m.
Eine echte technische Einschränkung gibt es hierbei in der Praxis nicht zu beachten. So verkraftet SharePoint 2013 750.000 Websitesammlungen pro SharePoint Farm, wobei 500.000 auf die MySites entfällt und die restlichen 250.000 normalen Websitesammlungen zufällt. Pro Websitesammlung sollten nicht mehr als 250.000 Websites erstellt werden. Man sieht, es handelt sich hier eher um theoretische Limitationen, die in der Praxis keine Rolle spielen dürften, egal ob man sich für eine breite oder tiefe Websitestruktur entscheidet. Es müssen also andere Faktoren für die Entscheidungsfindung herangezogen werden.
Flexibilität und Transparenz bei den Berechtigungen
SharePoint vererbt Berechtigungen hierarchisch nach unten. Wenn in einer tiefen Struktur mit abweichenden Berechtigungen gearbeitet werden soll, dann muss man die Vererbung an der gewünschten Stelle unterbrechen und individuelle Berechtigungen setzen. Und genau das führt zu schwer nachvollziehbaren Berechtigungsmodellen. Best Practise ist es, möglichst wenige Unterbrechungen in der Rechtevererbung zu haben. Je höher in der Hierarchie die Berechtigungen vergeben werden können, desto übersichtlicher und leichter wartbar ist die Struktur.
Das spricht eindeutig für das möglichst frühe Anlegen von Websitesammlungen, z.B. auch für einzelne Projekte. Klassisches Abteilungsdenken sollte hier ebenso hinterfragt werden, da Projekte oftmals abteilungsübergreifend aufgesetzt und besetzt werden und spätestens dann eine Herausforderung bei der Berechtigung besteht, wenn man ein Projekt als Unterwebsite in der Websitesammlung einer Abteilung ansiedeln würde. Hier schafft man tatsächlich sehr schwer wartbare Rechtestrukturen. Wird ein Projekt hingegen als eigene Websitesammlung erstellt, dann kann hier das Projektteam berechtigt werden und die Struktur ist sehr klar und nachvollziehbar.
Skalierbarkeit und Performance
Separate (eigene) Inhaltsdatenbanken können nur auf der Ebene von Webanwendungen und Websitesammlungen zugewiesen werden. D.h. eine Skalierung der SQL-Datenbanken zur Steigerung der Performance geht nur über die Verwendung mehrerer Websitesammlungen. Würde man nur eine Websitesammlung mit vielen Websites und Unterwebsites verwenden, dann liegen alle Daten zwangsläufig in einer einzigen SQL-Datenbank, was bei einem großen Datenvolumen durchaus problematisch werden kann.
Auch das Ermitteln der effektiven Berechtigungen auf einzelnen Elementen leidet, wenn eine zu tiefe Verschachtelung vorliegt, da jedesmal die komplette Vererbungshierarchie der Berechtigungen durchlaufen werden muss.
Aggregation von Inhalten
Ein Vorteil von mehreren Websites in einer Websitesammlung ist die einfache Aggregation von Inhalten. So können z.B. über das Webpart „Inhaltsaggregation“ sehr einfach alle Listeneinträge eines bestimmten Typs, z.B. Neuigkeiten, aus mehreren Unterwebsites auf einer übergeordneten Website (Portal) angezeigt werden.
Dies erscheint auf den ersten Blick bei der Verwendung mehrerer Websitesammlungen als Problem, da über dieses Webpart keine Inhalte anderer Websitesammlungen aggregiert werden können. Allerdings gibt es die Möglichkeit eine vordefinierte Suche in einem Suchergebnis-Webpart zu konfigurieren. Diese Suche kann wiederrum Websitesammlungs-übergreifend ausgeführt werden und die Ergebnisse als aggregierte Liste ausgeben. Schon ist das Problem gelöst.
Berechtigungsgruppen
SharePoint eigene Gruppen zur Berechtigung werden jeweils auf der Ebene einer Websitesammlung gespeichert. Das bedeutet, dass bei der Verwendung mehrerer Websitesammlungen ein erhöhter Verwaltungsaufwand zur Pflege unternehmensweiter Berechtigungsgruppen entsteht, weil man diese theoretisch mehrfach pflegen müsste. Individuelle Berechtigungsgruppen, die in jeder Websitesammlung bedarfsgerecht angelegt werden, sind hier außen vor.
Hier greift jedoch wieder die Best Practise, dass unternehmensweite Gruppen besser im Active Directory erstellt und dort zentral gepflegt werden sollten. AD-Gruppen können dann in den Websitesammlungen verwendet werden. Damit entfällt auch die redundante Pflege dieser unternehmensweiten Berechtigungsgruppen.
Bereitstellung
Ein echter Nachteil (aus unserer Sicht der einzige) ist die Einschränkung der Bereitstellung auf Administratoren mit Berechtigung zur SharePoint Zentraladministration. Nur über die Zentraladministration können neue Websitesammlungen erstellt werden können. Dies schränkt den Personenkreis in der Praxis deutlich ein und nimmt SharePoint etwas die Self-Service-Möglichkeit, die ja als Stärke von SharePoint gilt. In einer Struktur mit vielen Websites in einer Websitesammlung, können die Websitesammlungs-Administratoren selbstständig neue Websites anlegen, aber eben keine neuen Websitesammlungen.
Etwas Abhilfe schafft das Konfigurieren der Self-Service Site Creation Funktion für Webanwendungen. Darüber können Anwender mit entsprechenden Berechtigungen selbst Websitesammlungen in dieser Webanwendung erstellen. Natürlich müssen die Farmadministratoren dann ein Auge auf die Entwicklung der Websitesammlungen werfen, damit hier kein Wildwuchs entsteht. Hier sollten organisatorische Richtlinien aufgestellt werden, wann eine neue Websitesammlung erstellt werden soll und wann eine Website.
Governance-Pyramide

Die Governance-Pyramide nach Joel Oleson kann als Orientierung dienen, wenn es um die Anlage neuer Websitesammlungen oder Websites geht. Je höher in der Pyramide die Anforderung angesiedelt ist, desto mehr unterliegt die Site einer Regelung bzgl. Rechte und Design.
Fazit
Wir empfehlen eindeutig eine breit aufgestellte Struktur mit vielen Websitesammlungen, da die Vorteile hinsichtlich Skalierbarkeit der Datenbanken, Performance und Flexibilität bei der Berechtigung überwiegen. Auch wenn das Erstellen von Unterwebsites schneller und einfacher geht, besteht dennoch die große Gefahr, dass diese tiefe Struktur nach einiger Zeit zum Stolperstein Ihres SharePoint wird und nur sehr mühsam korrigiert werden kann.